SALAMANCA

Ich weiß,
du verlangst, wenn ich wiederkomme,
dieselbe Geschichte nochmals,
kein Almosen wie die tränenscheue
señora de la soledad im weißen Kleid.

Wie ich dir gestern sagte,
dies ist ein Wohnzimmer aus Stein,
selbst Franco wohnt immer noch hier,
und auch meine Geschichte ist steinern genug:
Feuchte Quader, geschnitten im Tal,
auf sieben Hügeln ziseliert
und getrocknet an der Luft,
machten fest den beweglichen Himmel von Salamanca,
keine Leiter, kein Weltenbaum,
doch Halt genug für eine Tränenschuld.

Wie ich dir gestern sagte,
gefragt ist heuer hier
ein tiefer, nicht hoher Gesang.
Kein Kerker also, keine Inquisition,
und auch die Muschel war hinreichend Stein
für Haus und Pilgergang.

Wie ich dir gestern sagte,
dies heißt die Leuchte der Welt,
ein Turm der Menschheit.
Mir reicht der Frosch auf dem Totenschädel,
die Häßlichkeit der Vorstadt.
Ich mag nicht erwarten das Licht,
das die Fassaden wechselt,
mal Röte verspricht, mal Grau.

Wie ich dir gestern sagte,
dies ist eine Geschichte von überallher,
aus Kastilien zugetragen, ein Hauch,
auf hoher Ebene in Lüften verweht.
Ich bring darum nicht viel,
aus der Anschauung nur,
was du aus Büchern kennst,
vom Hören und Sagen.

Ich bin kein Erdbeben, kein Kirchenportal,
ich bin ein Fetzen Papier,
das gern den Störchen folgte.
Es findet sich heuer hier
auf dunkelndem Granit
mit der Geschichte für deinesgleichen,
die windig ist zu Füßen.

So wie ich dir gestern sagte,
ist dies eine Geschichte vom Sänger aus Stein.
Alles trocknet an der freien Luft,
auch deine Rede von Passion und Tränensaat.
Weich vermögen wir nicht zu siegen,
hart wollen wir nicht mehr überzeugen.
Darum beweine der Frosch auch uns,
damit was Stein ist,
wieder Sand wird am Fluß.

SALAMANCA

Sé que querrás, cuando vuelva,
la misma historia otra vez,
no una limosna, como las púdicas lágrimas
de la Señora de la Soledad en vestido blanco.

Como te decía ayer,
éste es un cuarto de estar de piedra,
hasta Franco sigue viviendo aquí,
y también mi historia es lo bastante pétrea:
húmedos cubos cortados en el valle,
cincelados en siete colinas
y secados al aire
fijaron el cielo fugaz de Salamanca,
sin escalera, sin árbol del mundo,
soporte bastante, sin embargo, para una culpa de lágrimas.

Como te decía ayer,
lo que piden aquí ahora
es un canto hondo, no alto.
Ni cárcel ni inquisición pues;
también la concha fue lo bastante piedra
para mansión y peregrinaje.

Como te decía ayer,
esto se llama faro del mundo,
torreón de la humanidad.
A mí me basta la rana sobre el cráneo,
la fealdad de los barrios.
Y no esperaré la luz
que muda las fachadas
y promete rojo unas veces, gris las otras.

Como te decía ayer,
es ésta una historia de todas partes,
traída de Castilla, un hálito
perdido en los aires de la meseta.
Así que no traigo gran cosa,
lo que ví tan solo,
lo que tú sabes por los libros,
de oidas y dichos.

Yo no soy terremoto ni portal de iglesia,
soy un fragmento de papel
que quisiera seguir a las cigüeñas.
Hoy se encuentra aquí,
sobre el granito oscurecido,
con la historia para los tuyos,
hecha de viento, entre los pies.

Tal como te decía ayer,
ésta es una historia del cantor de piedra.
Todo se seca al aire libre,
hasta tu hablar de pasión y de lágrimas sembradas.
Con blandura no venceremos,
con dureza ya no queremos convencer.
Que llore pues la rana también por nosotros,
para que lo que es piedra
vuelva a ser en el río arena.



Wolfgang Kubin

Übersetzung ins Spanische von Ana Agud

Der Autor, der für den Peter-Huchel-Preis 2003 nominiert ist, war im Mai 2002 zu Gast in Salamanca. In dieser Zeit ist das Gedicht entstanden. Alle Rechte liegen beim Autor.


Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Kubin: Salamanca (20. Mai 2002), in: g-daf-es <http://www.g-daf-es.net/texte/kubin.htm>.
Bitte setzen Sie beim Zitieren dieses Beitrags hinter die URL-Angabe in runde Klammern das Datum Ihres letzten Besuchs dieser Online-Adresse.

Illustration: Nadja Nitsche; nach einer Fotographie von Jerónima Carral Gómez.

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g-daf-es
20. Mai 2002