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"Netzliteratur" meint zunächst ganz unspezifisch Literatur jeglicher Art, die über das Internet zugänglich ist. Zwar ist die Sprache des Internets bekanntermaßen Englisch, aber auch deutschsprachige und andere Literatur ist im Netz reichlich vorhanden. Gerade wer eine Fremdsprache lernt, hat dank des Internets die Möglichkeit, auf einen Lektürefundus zuzugreifen, der die fremdsprachigen Bestände der heimatlichen Bibliothek in der Regel übertrifft, und dessen Erschließung weniger Aufwand an Euros und vor allem an Zeit erfordert als eine Fernleihe; wer einen universitären Computerraum benutzen kann oder das preisgünstigste Internetcafé in der Nähe kennt, braucht dazu nicht einmal einen eigenen Netzzugang. Wer also in erster Linie lesen möchte, um seine Kompetenz in der Fremdsprache zu erweitern, der wird sich besonders für jene Sites interessieren, die eher herkömmlichen Lesestoff im Internet verfügbar machen: Online-Ausgaben von Tageszeitungen, ein Metapresseorgan wie den Perlentaucher und Textarchive wie das Gutenberg-Projekt.
Von anders geartetem, aber nicht geringerem Interesse sind dagegen jene Literatursites, die neue und neueste Literatur präsentieren, seien es Onlineauftritte gedruckter Literaturzeitschriften (die ja über den Buchhandel, zumal vom Ausland aus, meist nur schwer zu beschaffen sind), seien es jene Netzliteraturprojekte, die seit einigen Jahren die Aufmerksamkeit des Feuilletons wie der Germanistik auf sich ziehen. Solche Literatursites stellen eine Herausforderung an die Leser dar, speziell natürlich an Germanistikstudierende (und -lehrende?), die hier ihr literaturkritisches Urteil an einer Literatur erproben und ggf. überprüfen können, die noch nicht im Sinne eines Kanons vorsortiert ist. Da der beschriebenen Leichtigkeit des Lesens eine Leichtigkeit des Veröffentlichens entspricht und jeder User auch sein eigenes Selbstgeschriebenes ohne weiteres ins Netz stellen kann, werden bei der Lektüre im Netz auch ganz grundsätzliche Fragen neu aufgeworfen: Was möchte man eigentlich unter "Literatur" verstanden wissen? Wie kann man überhaupt einen schlechten von einem guten Text unterscheiden? Fast zwangsläufig gelangt man auch zu Fragen nach den möglichen literarischen Folgen von Computer, Hypertext und Internet: Gibt es die vielbeschworene neue Literatur im Internet-Zeitalter wirklich; zeichnen sich Entwicklungen ab, die unseren Begriff von Literatur in naher oder fernerer Zukunft verändern werden? Kann das, was sich im Internet unter dem Stichwort "Literatur" finden lässt, in dieser Kategorie tatsächlich überzeugen; erbringen Cyberliteraturexperimente auch literarischen Mehrwert?
Während das Internet also gerade als kanonfreie Literaturzone Entdeckungen ermöglicht, bewirkt das Fehlen eines Kanons andererseits eine zumindest anfängliche Orientierungslosigkeit des literaturinteressierten Surfers. Ohne der erwähnten Erprobung des eigenen kritischen Leserurteils vorgreifen zu wollen, soll die folgende sehr selektive Linkliste zur deutschsprachigen Netzliteratur deshalb einen ersten Einstieg ermöglichen und auf literarische Fundstellen im Netz hinweisen, die - aus unterschiedlichen Gründen - interessant sind und, so denke ich, die Lektüre lohnen.
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(Links zu den wichtigsten deutschsprachigen Zeitungen finden Sie in unserer Linkliste.)
Die folgenden Links verweisen auf Literaturzeitschriften, die unabhängig vom Internet als gedruckte Zeitschriften erscheinen, sich aber - mit kompletten Archiven oder ausgewählten Einzeltexten - auch im Netz präsentieren. Für diese Zeitschriften gilt, was oben zur noch nicht kanonisierten Literatur gesagt wurde: Die hier veröffentlichen Texte stammen zumeist von (noch) unbekannten Autoren; dem Leser bleibt also nichts anderes übrig, als sich ein eigenes Urteil zu bilden. (Aus der unüberschaubaren Zahl von Literaturzeitschriften und solchen, die sich so nennen, habe ich nur einige wenige ausgewählt, die mir lesenswert erscheinen und sich außerdem durch gutgemachte Netzauftritte auszeichnen.)
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Projekte wie NULL und pool, in denen mehrere Autoren eine Art gemeinsames Online-Tagebuch führen, haben vor zwei/drei Jahren große Aufmerksamkeit in den deutschen Feuilletons gefunden; inzwischen sind sich aber wohl alle, inklusive der Initiatoren und Mitschreiber solcher Projekte, einig, dass so die neue Literatur im Zeitalter des Internets nicht aussehen wird. Wer die Projekte anklickt, sieht sich einer riesigen, mehr oder weniger ungegliederten Textmasse gegenüber, die zuweilen von Tippfehlern wimmelt und von der man viel umwälzen muss, um beim Lesen einige Perlen zu finden. Die selbstgestellten Ansprüche der einzelnen Projekte sind dabei ganz unterschiedlich; so versteht sich insbesondere das Forum der 13 als Ort für intellektuelle Diskussion (im Gefolge des 11. September kam es hier zu einem heftigen Streit); während im pool der mehr oder weniger aufregende Alltag der AutorInnen im Vordergrund steht.
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Im Hypertext kann der Benutzer über Links von Textstück zu Textstück springen (zum Beispiel von dieser Seite zu einer der verlinkten Literaturseiten) wie in einem Lexikon über Querverweise von Stichwort zu Stichwort. Da von jedem Textstück meist nicht nur ein, sondern mehrere Links weiterführen, ergibt sich keine festgelegte Reihenfolge der einzelnen Teile (vergleichbar der Aufeinanderfolge der Seiten in einem gebundenen Buch), sondern ein Netz von möglichen Pfaden.
Vielleicht hat es mit der Ähnlichkeit der Metaphern zu tun (Text - Netz - Web: das Bild ist immer das gleiche); jedenfalls ist mit dem Computer und dem Internet die Vermutung in die Welt gekommen, dass jene technischen Neuerungen auch eine Revolutionierung der Literatur zur Folge haben könnten; dass also Netzliteratur etwas anderes sein oder werden müsste als bloß eine neue Präsentationsform für bekannte Gattungen. Erste (englischsprachige) Versuche in dieser Richtung gab es bereits Anfang der achtziger Jahre; 1997 wurde erstmals der Pegasus-Preis für deutschsprachige Hyperliteratur ausgeschrieben. Dass der Wettbewerb schon nach zweimaliger Verleihung mangels ernstzunehmender Beiträge wieder eingestellt wurde (nicht einmal eine einschlägige Homepage ist mehr zu finden), lässt erahnen, dass ein möglicher Wandel der literarischen Ästhetik langsamer ablaufen und weniger mit der Verlinkung von Textbrocken zu tun haben wird, als zunächst erwartet wurde.
Literarische Salons, Literaturcafés und ähnlich benannte Projekte sind eine Art online-Äquivalent zu gedruckten Zeitschriften (manchmal auch zu Vereinsmitteilungen oder Schülerzeitungen); sie versammeln meist viel unterschiedliches Material: Linklisten, Chatrooms, Werbung, Texte... Wie interessant solche Webauftritte in literarischer Hinsicht sind, stellt sich erst bei der Lektüre heraus.
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Linklisten wie die im folgenden genannten haben zumeist das Ziel, möglichst umfassend existierende Literatursites zu erfassen; da die kurzen Kommentare meist noch keine gültige Einschätzung ermöglichen, kann man sie letztlich nur so benutzen wie die Trefferliste einer Suchmaschine: klicken, klicken, klicken...
Wer lieber auf Papier weiterlesen möchte, dem sei der folgende aktuelle Aufsatzband empfohlen, der auch eine
weiterführende Bibliographie enthält:
Heinz Ludwig Arnold (Hg.), Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur, Band 152: Digitale Literatur, München Oktober 2001.
(vorhanden im DAAD-Handapparat, Rubrik 2.1.1)
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letzte Aktualisierung: 1. Dezember 2004
actualizada: 1 de diciembre de 2004